Es ist schönes Wetter in München. Die Parks und Badeseen locken an die frische Luft. Medizinstudentin Marlene Heckl könnte jetzt das Wetter genießen, doch sie steht in einer Aula vor ca. 120 Siebtklässlern. Die angehende Ärztin gründete an der LMU vor gut einem Jahr das Programm Aufklärung gegen Tabak. In ihrer Freizeit ist sie nun oft in Schulklassen unterwegs, um über das Rauchen aufzuklären. Gemeinsam mit rund 30 Münchener Kommilitonen. Warum möchte Marlene zusätzlich zu dem zeitaufwendigen Studium Verantwortung übernehmen?
„Ich engagiere mich bei AGT, weil ich denke, dass dies ein sehr sinnvolles Projekt ist, um Schüler möglichst frühzeitig vor den Gefahren des Rauchens zu warnen. Die Idee ist ja, dass man ihnen nicht mit erhobenen Zeigefinger einbläut: “Rauchen ist schlecht”, sondern dass man – bedingt durch den geringen Altersunterschied – versucht spielerisch mit ihnen über die Konsequenzen für ihre Gesundheit zu sprechen, sodass sie ihre eigene Entscheidung unabhängig von äußeren Einflüssen wie der Werbung der Tabak-Industrie oder Gruppenzwang treffen können. Nur wer hier gut informiert ist, hat überhaupt eine Möglichkeit sich eine eigene Meinung zu bilden. Mir macht es dabei ganz besonders Spaß mit den Schülern zu arbeiten, weil man gleich den unmittelbaren Erfolg an der Mitarbeit der Jugendlichen sieht. Als Medizinstudenten haben wir ja schon fast alle die Folgen des Rauchens am Patienten in den Kliniken sehen können. Durch eine so kleine Präventionsmaßname wie die Klassenbesuche hoffen wir die Schüler vor solchen Schicksalen bewahren. Dabei ist es ja schon ein Erfolg, wenn nur einer der Schüler nach unseren Seminaren beim nächsten Mal, wenn ihm eine Zigarette angeboten wird ablehnt, weil er an den COPD-Patienten mit dem Atemgerät denken muss.“
Wie war die bisherige Reaktion deines Umfeldes auf dein Engagement?
„Die Reaktionen von Kommilitonen und Lehrern/Schülern waren bisher durchweg nur positiv. Die Lehrer bedankten sich nach den Seminaren überschwänglich, schenkten uns Schokolade und luden uns ein unbedingt im nächsten Jahr wiederzukommen. Die Schüler waren immer sehr aktiv und interessiert dabei, es gab kein Seminar, bei dem niemand etwas gesagt oder es langweilig gefunden hätte. Und auch für unsere Schülermentoren war das ein ganz besonderes Erlebnis, da sie teilweise zum ersten Mal alleine vor einer Klasse standen und Schülern etwas mit Spaß und ohne Notenzwang beibringen konnten.“
Was war bisher deine größte Herausforderung bei der Projektarbeit?
„Eine große Herausforderung war für mich, als nach einem Klassenseminar ein Mädchen auf mich zukam und mir davon erzählte, dass ihr Vater, der Kettenraucher war, vor kurzem an Lungenkrebs gestorben sei. Sie fiel mir schon vorher auf, da sie erstaunlich gut informiert war und zu allen Themen, die wir ansprachen etwas beisteuern konnte. Sie fragte mich dann, was sie tun könnte, dass ihre Mutter, die nach ihren Angaben trotz mehrmaliger Aufhörversuche immer noch starke Raucherin war, nicht auch bald stirbt. Ich fand die Situation sehr traurig und konnte ihr nur sagen wie leid mir das tut und, dass ihre Mutter doch nochmal für sie unter Zuhilfenahme von professioneller Hilfe einen Zigarettenentzug probieren solle und immer schön fleißig zum Arzt und zu Vorsorgeuntersuchungen gehen soll.“
Was unterscheidet die Arbeit in München von der Arbeit in anderen Städten?
„München hat als Großstadt ein sehr starkes Problem mit Rauchern – gerade unter den 14-15 jährigen Schülern. Was wir von unseren bisherigen Schulbesuchen auch mitbekommen haben, ist, dass wir sehr oft nach neuen Trends gefragt werden (z.B. Steine rauchen), die sich hier evtl. einfach schneller entwickeln/etablieren. Außerdem haben wir natürlich eine sehr große Schulauswahl und wollen in der nächsten Runde nicht nur Gymnasien, sondern auch Realschulen und evtl Hauptschulen in das Programm mit einbeziehen, da wir denken, dass dort das Problem früh mit dem Rauchen anzufangen größer ist.“
Was hat es mit Mecum Mentor auf sich?
„Mecum Mentor ist das Mentorenprogramm der Medizinischen Fakultät der LMU München. Deren Ziel ist es, Möglichkeiten für Begegnungen zu schaffen und die Mitglieder der medizinischen Fakultät, von Erstsemestern über wissenschaftliche Mitarbeiter und Emeriti bis zu niedergelassenen Ärzten, besser zu vernetzen.
Darüber hinaus unterstützen sie motivierte Medizinstudierende bei der Umsetzung innovativer Projekte an der medizinischen Fakultät und medizindidaktische Forschungsprojekte. Wegen letzterem Punkt haben wir Mecum Mentor bei unserer Gründung 2013 ins Boot geholt, um mehr Medizinstudenten zu erreichen und leichter unsere Treffen in der Uni organisieren zu können. Außerdem bekommen wir von ihnen nicht nur organisatorische Untersützung, sondern ein Teil unseres Gründungsteams konnte auch an Workshops zu Themen wie Teambuilding und Projektmanagement teilnehmen, was uns bei der Planung der Schulbesuche und dem Umgang mit den Schülermentoren sehr geholfen hat.“
Was sind deine weiteren Pläne für AGT in München?
„Wir wollen natürlich größer werden, mehr Schülermentoren als Unterstützung bekommen, um mehr Schulbesuche absolvieren zu können und auch versuchen, AGT München als freiwilliges Wahlfach an der LMU oder TU München für Medizinstudenten anbieten zu können.“
Vielen Dank für das Interview.
Zur Person: Marlene Heckl (22) studiert Medizin im fünften Semester an der TU München. Die begabte Studentin wird auf Grund ihrer Leistungen durch Stipendienprogramme der Robert-Bosch-Stfitung, Siemens Health Care und e-fellows gefördert.