Rauchfrei werden: Titus Brinker stellt die Smokerstop App vor

Dr. Titus Brinker mit gutem Freund und AGT-Supervisor der MHH auf dem Bundestreffen 2018

Dr. Titus Brinker mit gutem Freund und AGT-Supervisor der MHH Marc Silchmüller auf dem Bundestreffen 2018 (gegentabak.de/bundestreffen2018)

Smokerface und jetzt auch Smokerstop – so heissen die Smartphonewaffen der medizinstudentischen Initiative Aufklärung gegen Tabak im Kampf für rauchfreiere Schulhöfe. Beide Apps sind kostenlos und auf der Grundlage von Erkenntnissen der Präventionsforschung konzipiert worden. Smokerface ist schon seit September verfügbar und zeigt den Jugendlichen die kurzfristigen und langfristigen Folgen des Rauchens auf dem eigenen Gesicht, nachdem diese einen “Selfie” gemacht haben – seit wenigen Tagen steht nun auch Smokerstop bereit, um Aufhörwillige zu unterstützen.

Warum noch eine App?

„Viele Fans der Smokerface App waren motiviert mit dem Rauchen aufzuhören und haben mich gefragt, wie sie das erfolgreich schaffen können. Wirksame Medikamente zur Entwöhnung sind in den allermeisten Fällen altersbeschränkt, zudem mit einer Kostenhürde verbunden und auch Gruppentherapie ist in Deutschland nicht flächendeckend verfügbar. Die Apps, die es schon gibt, konnte ich nicht guten Gewissens empfehlen, zudem kosten sie meist Geld“, so Titus Brinker (24).

Wie es funktioniert

Der Schüler wird durch die App individuell bei der Entwöhnung unterstützt – er gibt sein eigenes Rauchverhalten und seine eigenen Ziele ein. Auf dieser Basis bekommt er individuelle motivationale Botschaften zugesendet. „Er bekommt das, wozu Ärzte oft keine Zeit haben: Ein individuelles Follow-up.“, weiß Brinker, der an der Medizinfakultät Gießen seit einem Jahr auch als Dozent für ein Tabakentwöhnungswahlfach tätig ist und fügt an: “Gleichzeitig kann er in Echtzeit zuschauen, wie sich sein eigener Körper nach dem Rauchstop erholt. Dazu gibt es wissenschaftlich untermauerten Rat, welche Strategien die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhen und die Zunahme von Gewicht verhindern.”

Smokerstop ist als reine Aufhörapp auf der Grundlage von Theorie [1] und Evidenz [2] von konventionellen Tabakentwöhnungsprogrammen entwickelt worden. Die App basiert auf dem Konzept der PRIME-Theorie [3, 4]. Mit Hilfe der dieser Theorie soll der Einfluss von Interventionen erklärt und vorhergesagt werden, die auf höhere Kognitionen wie bspw. persönliche Ziele, Identität und Überzeugungen bzgl. der Schädlichkeit des Rauchens, ebenso wie auf Antriebsmechanismen niedrigeren Levels (wie bspw. Entzugssymptome) abzielen [4]. Nach der PRIME Theorie entsteht jegliches Verhalten aus dem Moment und als Resultat des stärksten von vielen konkurrierenden Impulsen und Inhibitionen, die zeitgleich stattfinden. Smokerstop empfiehlt individualisierte Coping Strategien gegen akute Entzugssymptome auf der Grundlage erst kürzlich publizierter Studien [5, 6]. 1.000 neue Raucher/innen pro Tag installieren diese App um ihren Aufhörversuch zu unterstützen und sie hat eine durchschnittliche Bewertung von 4.5/5 Sternen in App- und Playstore (Apple / Android, USA). Während Smokerface eher zum Aufhörversuch motiviert und die kontinuierliche Abstinenz unterstützen kann [7], unterstützt Smokerstop (Ex-)Raucher/innen die die Aufhörentscheidung bereits für sich getroffen haben und bereit sind, ein Aufhördatum festzulegen. Beide Apps sind Teil unser schulbasierten Intervention und werden auf unterschiedliche Weise implementiert [7].

Perspektive für den Klinikalltag?

„In deutschen Unikliniken – aber auch im Ausland – wird sich oft keine Zeit für Tabakentwöhnung genommen, obwohl Nichtrauchen bei vielen Erkrankungen, wie zum Beispiel dem Herzinfarkt, der wichtigste Faktor für die Fünf-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit ist.“, so Brinker. Gründe keinen Entwöhnungsversuch am Patienten zu starten gibt es viele, unter anderem auch eine nicht vorhandene Ausbildung, ein sehr häufiger Grund sind jedoch Motivation und Zeit – die fehlt den gestressten Klinikärzten oft. „Die leitliniengerechte Entwöhnung durch den Arzt sollte an erster Stelle bei der Therapie stehen. Ist hierzu nicht die Zeit oder Bereitschaft da, empfehle ich den Ärzten in diesen Situationen einfach individualisiert die wissenschaftlich fundierte App Smokerstop zu empfehlen – das dauert nur wenige Sekunden.“

Zuspruch aus Harvard

Beeindruckt von dem Konzept des jungen Kollegen zeigte sich auch Dr. Anne Fuhlbrigge, MD, Klinikdirektorin der Pulmologie am Harvard Medical School Teaching Hospital Brigham and Women’s, der Brinker die App schon in der Testphase vorstellen konnte: „I think it is a great idea to show the patient the individual benefits of quitting via a smartphone application while closely following-up with mobile alerts which remind the quitter of his/her goal and achievements.“

Der Editor-in-Chief des New England Journal of Medicine, Harvard Professor Jeffrey M. Drazen, stellte die App außerdem in einem Video vor, dass er gemeinsam mit Brinker erstellte und für die Initiative des Medizinstudenten aufzeichnete:

Laden Sie sich jetzt die App kostenlos auf Ihr iPhone/Android oder empfehlen Sie Smokerstop Ihren rauchenden Freunden weiter!

Screenshots der App können hier angeschaut werden:

  1. West R, Brown J: Theory of addiction: John Wiley & Sons; 2013.
  2. West R, Evans A, Michie S: Behavior change techniques used in group-based behavioral support by the English stop-smoking services and preliminary assessment of association with short-term quit outcomes. Nicotine & Tobacco Research 2011, 13(12):1316-1320.
  3. Ubhi HK, Michie S, Kotz D, Wong WC, West R: A mobile app to aid smoking cessation: preliminary evaluation of SmokeFree28. Journal of medical Internet research 2015, 17(1):e17.
  4. West R: The multiple facets of cigarette addiction and what they mean for encouraging and helping smokers to stop. COPD: Journal of Chronic Obstructive Pulmonary Disease 2009, 6(4):277-283.
  5. Taylor AH, Ussher MH, Faulkner G: The acute effects of exercise on cigarette cravings, withdrawal symptoms, affect and smoking behaviour: a systematic review. Addiction 2007, 102(4):534-543.
  6. Vangeli E, Stapleton J, West R: Smoking intentions and mood preceding lapse after completion of treatment to aid smoking cessation. Patient education and counseling 2010, 81(2):267-271.
  7. Brinker TJ, Seeger W, Buslaff F: Photoaging Mobile Apps in School-Based Tobacco Prevention: The Mirroring Approach. J Med Internet Res 2016, 18(6):e183.